Fahrverbot bei der Überschreitung der Geschwindigkeit, Fahrverbot bei Abständsverstößen und Fahrverbot beim Überfahren einer Roten Ampel
Ab wann erhält man Fahrverbote und wer entscheidet über die Anordnung von Fahrverboten
Bußgeldkatalog Fahrverbot Geschwindigkeit 2021
drohende Fahrverbote bei Verkehrsordnugswidrigkeiten
geplante StVO Novelle vom 28.04.2020 immer noch unwirksam
Fahrverbote werden von den
Bußgeldstellen
erteilt, um die Sicherheit im Strassenverkehr zu gewährleisten.
Auch können durch Urteile des Gerichts Fahrverbote aufgrund einer Straftat im Straßenverkehr erfolgen.
Rechtsgrundlage des Fahrverbotes ist § 25 des Straßenverkehrsgesetz (StVG) sowie § 44 des Strafgesetzbuch (StGB). Die Systematik des Fahrverbotes in Bußgeldsachen ist nicht immer
sofort zu verstehen und für Betroffene nicht immer nachvollziehbar.
Seit dem 24.August 2017 gibt es eine Gesetzesänderung im § 44 des Strafgesetzbuches (StGB), wonach das Fahrverbot wegen einer Straftat
von ehemals 3 Monaten auf bis zu 6 Monate verhängt werden kann.
§ 24 StVG als rechtliche Grundlage des Fahrverbotes im Bußgeldverfahren statuiert zwei Fahrverbote:
› Es kann ein Fahrverbot wegen einer beharrlichen und groben Pflichtverletzung eines Fahrzeugführers sein (vgl. § 25 Abs 1 S. 1 StVG) und
› Es kann ein Fahrverbot wegen einer Drogen- und/oder Trunkenheitsfahrt ausgesprochen werden (vgl. „ 25 Abs 2 S.2 StVG).
1 Monat Fahrverbot
Die StVO Novelle vom 28.04.2020 ist auf Grund eines Formfehlers immer noch unwirksam.
Innerhalb geschlossener Ortschaften sollte laut der StVO Novelle ein Fahrverbot von 1 Monat bereits bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von
21 km/h zu schnell über der der erlaubten Geschwindigkeit drohen. Außerorts ein Fahrverbot von 1 Monat bereits ab 26 km/h zu schnell.
Derzeit gilt aber immer noch die alte Fassung des Bußgeldkatalogs.
Beim
Nichteinhalten des Abstands
zum vorausfahrenden Fahrzeug droht ein Fahrverbot von 1 Monat, wenn Sie bei einer Geschwindigkeit ab mehr als 130 km/h und einen Abstand von weniger
als 3/10 des halben Tachowertes einen Abstandsverstoß begehen.
Für Berufspendler oder Autofahrer, die auf ein Auto angewiesen sind, ist ein Fahrverbot von 1 Monat oder gar 2 oder 3 Monaten
beispielsweise wegen der Überschreitung der Geschwindigkeit für die Betroffenen besonders unangenehm.
Fahrverbot grobe Pflichtverletzung und Beharrlichkeit
Eine grobe Pflichtverletzung, die zu einem Fahrverbot führt, liegt vor, wenn ein abstrakter oder grober Verstoß vorliegt.
Dies ist zum Beispiel, wenn ein Verhalten zu einem schweren Unfall führt, grobe Nachlässigkeit, grober Leichtsinn oder Gleichgültigkeit
vorliegt. Eine Beharrlichkeit liegt vor, wenn durch die wiederholte Begehung in relativ kurzer Zeit der Betroffene zeigt, das ihm die für
die verantwortungsvolle Teilnahme am Straßenverkehr erforderliche rechtstreue Gesinnung und die notwendige Einsicht in zuvor begangene
Ordnungswidrigkeiten das Unrecht fehlt. Eine beharrliche Pflichtverletzung geht also, wer Verkehrsvorschriften mangels Rechtstreue verletzt.
Selbst eine Häufung nur leicht fahrlässiger Verstoße kann unter Umständen eine mangelnde Rechtstreue darstellen und zu einem Fahrverbot führen.
Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für
die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen.
(...)
Ein Fahrverbot wird aber nicht nur nach strafrechtlichen Kriterien, sondern auch für begangene
Ordnungswidrigkeiten im Strassenverkehr erteilt. Bereits ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung
von mehr als 20 km/h über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit innerorts und mehr als 25 km/h zu schell außerorts kann ein Fahrverbot von einen Monat drohen.
Auf der folgenden Tabelle können Sie entnehmen, ab wann ein Fahrverbot bei einer geschwindigkeitsüberschreitung
seit der Bußgeldkatalog Neuerung vom 28.04.2020 innerhalb und
außerhalb geschlossener Ortschaften droht.
Fahrverbote für Geschwindigkeitsüberschreitungen innerorts
Tabelle Fahrverbot innerhalb geschlossener Ortschaften (Stand Januar 2021)
Fahrverbote für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerorts
Tabelle Fahrverbot außerhalb geschlossener Ortschaften (Stand Januar 2021)
Fahrverbot Überschreitung der Geschwindigkeit
Fahrverbote werden oftmals wegen Verstößen gegen die Höchstgeschwindigkeit ausgesprochen und
Geschwindigkeitsbeschränkungen werden durch Beschilderung angeordnet.
Die Geschwindigkeit muss vom Fahrer so angepasst werden, dass bei Passieren der Beschilderung die
Geschwindigkeit nicht überschritten wird. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass der
Fahrer die Geschwindigkeitsbegrenzung durch eine ordnungsgemäße Beschilderung in der Regel wahrgenommen
werden kann. Es gilt demnach der Sichtbarkeitsgrundsatz.
Es wird zwischen einer fahrlässigen und vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung auch bei
Fahrverboten unterschieden.
Vorsätzlich handelt, wer die Tatbestandsverwirklichung unter anderem billigend in Kauf nimmt.
Dies ist dann der Fall, wenn dem Fahrer das Verkehrsgeschehen irrelevant ist und dieser den
Regelverstoß billigend in Kauf nimmt. Bei einer Vorsatztat kann mit einem Fahrverbot grundsätzlich
gerechnet werden.
Eine bewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Fahrer mit der Verwirklichung der
Geschwindigkeitsüberschreitung nicht einverstanden ist und mithin darauf vertraut,
dass alles gut gehen wird und die Verwirklichung der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht eintritt.
Der Vorsatz, mit der Folge, dass ein Fahrverbot folgen kann, ist bei folgenden Feststellungen möglich:
› Der Fahrer wusste, das er erheblich zu schnell war
› Der Fahrer war zu schnell nach einem Geschwindigkeitstrichter (mehrfache Beschilderung in Folge
Geständnis des Fahrers wie zum Beispiel: „ich war in Eile, ich habe die Strecke gekannt, ich habe die Geschwindigkeitsüberschreitung erkannt
› Indiz für die Kenntnisnahme einer Überschreitung: höheres Motorgeräusch, erhöhter Bewegungseindruck, schnelles Vorbeiziehen der Umgebung
› Die Fahrpraxis des Betroffenen
› Die Berufserfahrung des Betroffenen (LKW-Fahrer/Außendienstmitarbeiter)
› Der Fahrer hat den Tempomat auf eine zu hohe Geschwindigkeit eingestellt
› Ein defekter Tacho mit einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung
› Der Fahrer hat während der Fahrt nicht auf das Tacho geschaut
Auch die Prozentuale Geschwindigkeit kann auf eine Vorsatztat hinweisen, die ein Fahrverbot zur
Folge haben kann. So wird von den Oberlandesgerichten bei einer 40 % Geschwindigkeitsüberschreitung
von einer Vorsatztat ausgegangen. Demnach kann auch ein Fahrverbot erfolgen, wenn laut
dem Bußgeldkatalog noch kein Fahrverbot auszusprechen wäre, aber eine 40 %
Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt. In diesem Fall kann ein Fahrverbot auch drohen,
ohne dass ein weiteres Indiz wie zum Beispiel ein lautes Motorengeräusch vorliegt.
Tatrichter nutzen auch die Möglichkeit - unter Hinweis auf die mangelnde Erforderlichkeit unter Anhebung
der Geldbuße vom Fahrverbot abzusehen.
Beispiele für die Nichtanwendbarkeit des § 25 StVG i.V.m. § 4 Abs 4 BKatV, die zur Folge ein
Entfall eines Fahrverbotes hat sind:
› Augenblicksversagen bei einem Geschwindigkeitsverstoß
› Situationen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung die einem Notstand ähnlich sind
› Fehlen einer abstrakten Gefährdungssituation bei einem Verstoß gegen das Rotlicht
› Minimale Strecke bei Verwirklichung des § 24a StVG (kurzes Umparken des PKW)
Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Erforderlichkeit können Einkommens- und Vermögensverhältnisse sein,
bei denen eine deutliche Erhöhung der Regelgeldbuße denselben Erziehungseffekt wie ein Fahrverbot besitzen kann.
Wer verhängt ein Fahrverbot
Die Entscheidung über die Anordnung eines Fahrverbots oder das Absehen vom Fahrverbot können nur in:
› dem Bußgeldbescheid
› dem Urteil des Amtsgerichts
› dem Beschluss nach § 72 OWiG
› oder dem Beschluss des Rechtsbeschwerdegerichts
stattfinden.
Fahrverbot umgehen
Wenn die
Bußgeldstelle
ein Fahrverbot in einem
Bußgeldbescheid
erlässt,
so kann dies von einem erfahrenen Anwalt rückgängig gemacht werden und somit ein Fahrverbot umgangen werden.
Dies setzt voraus, dass der Bußgeldbescheid noch nicht rechtskräftig ist und bei dem Betroffenen gewisse
Voraussetzungen für den Wegfall eines Fahrverbotes vorliegen.
Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Betroffene auf seine Fahrerlaubnis aus beruflichen Gründen angewiesen ist.
Ein Fahrverbot kann auch umgangen werden, wenn ein so genanntes
Augenblicksversagen
vorliegt.
Dies ist eine vorübergehende Unachtsamkeit, die dazu führen kann, dass dem Betroffenen
keine grobe Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden kann. Eine grobe Pflichtwidrigkeit
liegt zum Beispiel dann nich vor, wenn der Betroffene ein vorheriges Verkehrsschild mit eine
Geschwindigkeitsbeschränkung nicht gesehen hat, beispielsweise wenn dieses durch einen LKW verdeckt gewesen ist.
Möglicherweise können Sie durch einen Einspruch das Fahrverbot umgehen oder zumindest hinausschieben.
80% der Bußgeldbescheide sollen laut einer Studie der Verkehr-Unfall-Technik-Sachverständigengesellschaft fehlerhaft sein.
Wenn es zu einem Wegfall des Fahrverbotes kommt, wird häufig die Geldbuße im Bußgeldbescheid verdoppelt oder
verdreifacht. Ein Fahrverbot dient nach der gesetzgeberischen Intention als Erziehungsfunktion,
so dass diese als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht ist. Damit diese nicht entfällt wird bei einem
Wegfall des Fahrverbotes die Geldbuße im Bußgeldbescheid erhöht, damit die Intention des Fahrverbotes durch
Erhöhung der Geldbuße erfüllt wird.
Der Erziehungsgedanke eines Fahrverbotes kann unter anderem auch dann wegfallen:
› Absehen des Fahrverbotes durch Nachschulung
› Absehen vom Fahrverbot wegen der langen Verfahrensdauer vor der Behörde und/oder Gericht
› Absehen eines Fahrverbotes, wenn der Betroffene sich an ein unwirksames mündliches Fahrverbot nachweislich gehalten hat
Der Erlass einer höheren Geldbuße bei einem Fahrverbot muss begründet werden. Bei einem Erlass einer Geldbuße
bei einem Fahrverbot sind folgende Feststellung zu treffen:
› Höhe des Einkommens
› Höhe der Schulden
› Sonstige Verpflichtungen
› Unterhaltsverpflichtungen
› Einkommen eines Ehepartners/in
› Eigentums- und Wertverhältnis des zur Tat benutzen Fahrzeuges des Betroffenen
Auch interessant:
Geschwindigkeitsüberschreitungen in Zone 30:
Sicherheitsabstand nach gefahrener Geschwindigkeit:
* Studie der Verkehr-Unfall-Technik-Sachverständigengesellschaft (VUT) über Bußgeldbescheide
Fahrverbot wegen zu schnellen Fahrens:
außerorts:
Punkte für das Überfahren einer Roten Ampel (weniger als 1 Sekunde):