Augenblicksversagen
Eine leichte Fahrlässigkeit durch momentane Unaufmerksamkeit
Augenblicksversagen beschreibt eine leichte Fahrlässigkeit durch momentane Unaufmerksamkeit und spielt eine Rolle bei Geschwindigkeitsverstößen und Rotlichtverstößen. Bei Geschwindigkeitsverstößen spielt Augenblicksversagen immer dann eine Rolle, wenn in geschwindigkeitsbeschränkte Bereiche eingefahren wird.
Bei einem Augenblicksversagen handelt der Fahrer nicht grob pflichtwidrig.
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Ist eine
Geschwindigkeitsüberschreitung
objektiv begangen worden, so kann die subjektive Komponente die
Indizwirkung für eine grobe Pflichtverletzung im Einzelfall widerlegt werden.
Beim Augenblicksversagen ist das der Fall.
Der Fahrer mag gegebenenfalls die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit überschritten haben und es droht ein Fahrverbot.
Zusätzlich müssen jedoch die Voraussetzungen des allein für die Anordnung eines Fahrverbots Maßgeblichkeiten in § 25 Abs. 1 S. 1 StVG vorliegen.
Es kann aber auch ein Fall des Augenblicksversagens vorliegen. Wenn der Fahrer nämlich schlichtweg in einem kurzen Moment unverschuldet infolge von Unaufmerksamkeit das für die Höchstgeschwindigkeit reduzierende Verkehrsschild übersehen hat.
Dies ist dann gegeben, wenn vor der fraglichen Messstelle keine Geschwindigkeitsbegrenzungen dem Fahrer aufgefallen ist. Es ist zum Beispiel nicht auszuschließen, dass der Fahrer die Geschwindigkeitsschilder durch vorherige Überholmanöver vom LKW nicht gesehen hat. Dieser Umstand stellt ein Augenblicksversagen dar.
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt dazu im Beschluss vom 11.09.1997 (4 StR 638/96) folgende grundlegende Entscheidung fest:
" 1. Die Anordnung eines Fahrverbots gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers kommt auch bei einer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass der Betroffene infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen mußte. (BGHSt)
2. Die Bußgeldstellen und Gerichte brauchen bei einer solchen qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung der Frage, ob die Tat auf einem lediglich einfach fahrlässigen Übersehen des die Geschwindigkeit beschränkenden Vorschriftszeichens beruht, nur auf eine entsprechende Einlassung des Betroffenen nachzugehen. (BGHSt)"
Dem Fahrer kann das für ein Fahrverbot erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten nicht entgegengehalten werden, wenn er das Schild für die Höchstgeschwindigkeit
nicht wahrgenommen hat.
vgl. OLG Zweibrücken DAR 1998, 362.
Die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich, auf das die Regelbeispiele der BKatV abstellen, lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob der Fahrer das Schild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung wahrgenommen oder grob pflichtwidrig nicht wahrgenommen hat
vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.03.2010 - IV-3 RBs 36/10
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* Studie der VUT Sachverständigengesellschaft mbH & Co.KG, Januar 2013