OLG Stuttgart schafft Klarheit
Doppelt geblitzt heißt auch doppelt zahlen?
Doch das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Geschwindigkeitsüberschreitungen unter bestimmten Voraussetzungen als eine einzige Tat gelten können.
- Das OLG Stuttgart erkennt in bestimmten Fällen eine einheitliche Tat - trotz zweier Verstöße.
- Grundlage ist das Doppelbestrafungsverbot gemäß Art. 103 GG und § 84 OWiG.
- Die Entscheidung betrifft vor allem Fälle mit zeitlich und örtlich eng beieinanderliegenden Verstößen.
Hintergrund: Was ist passiert?
Ein Autofahrer beschleunigte beim Verlassen einer Ortschaft. Dabei überschritt er zunächst innerorts mit 80 km/h (erlaubt: 50 km/h) und kurz darauf außerorts mit 151 km/h (erlaubt: 80 km/h) die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Die beiden Blitzer registrierten den Fahrer im Abstand von wenigen Sekunden. Das zuständige Amtsgericht verhängte:- 180 € Bußgeld für den innerörtlichen Verstoß
- 1.500 € Geldstrafe plus 3 Monate Fahrverbot für den außerörtlichen Verstoß
Doppelbestrafung: Was besagt das Gesetz?
Das Urteil des OLG Stuttgart zeigt, dass Gerichte dabei zunehmend die Umstände der Fahrt und die Absicht des Fahrers berücksichtigen – etwa bei unmittelbar aufeinanderfolgenden Blitzermessungen.

Eine Tat oder mehrere Verstöße?
Das Grundgesetz schützt vor mehrfacher Bestrafung für dieselbe Tat (Art. 103 Abs. 3 GG). Für Ordnungswidrigkeiten gilt dies analog in § 84 Abs. 1 OWiG. In der juristischen Praxis spricht man in solchen Fällen von einer „natürlichen Handlungseinheit“, wenn:- beide Verstöße zeitlich und örtlich eng beieinanderliegen,
- sie Teil eines durchgehenden Verkehrsvorgangs sind,
- sie derselben Motivation entspringen (z. B. zügiges Fortkommen).
Das Urteil des OLG Stuttgart (Az.: 2 ORbs 23 Ss 769/23)
Das OLG erkannte die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen als einheitlichen Vorgang an. Die wesentlichen Gründe:- Keine Richtungsänderung, keine Pause: ein durchgehender Fahrtvorgang
- Verstöße geschahen innerhalb von Sekunden: zeitlich-räumlicher Zusammenhang
- Beide Temposünden dienten dem Ziel schneller voranzukommen: einheitlicher Wille
- Wie groß ist der zeitliche Abstand zwischen den Verstößen?
- Gab es einen neuen Fahrtabschnitt oder eine bewusste Richtungsänderung?
- Dient der zweite Verstoß demselben Zweck wie der erste?
Was tun bei doppeltem Blitzer-Treffer?
Wenn Sie zweimal geblitzt wurden, lohnt sich eine genaue Prüfung:🔎 Bußgeldbescheide sorgfältig vergleichen: Uhrzeiten, Messorte und Geschwindigkeitswerte sind entscheidend.
⚖️ Rechtsberatung einholen: Lassen Sie Ihren Fall von einem spezialisierten Anwalt für Verkehrsrecht überprüfen.
1 Studie der VUT Sachverständigengesellschaft mbH & Co. KG, Januar 2013
2 Artikel 103 Grundgesetz (zuletzt abgerufen am 02.07.2025)
3 § 84 OwiG (zuletzt abgerufen am 02.07.2025)
4 Urteil vom 15.01.2024 – 2 ORbs 23 Ss 769/23 (zuletzt abgerufen am 02.07.2025)
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